viernes, 27 de abril de 2012

me, and the INFOBLATT, german magazine 2012

Wir kämpfen darum, Leben zu erhalten



Interview mit dem LGBT-Aktivisten Fernando Reyes aus Honduras

Im Herbst 2011 reiste Fernando Reyes mit seinem Dokumentarfilm „En mis Tacones“ (Auf meinen Highheels) durch mehrere Städte in Deutschland und Österreich. Die 30-minütige Dokumentation zeigt das Leben von Transsexuellen in Honduras nach dem Putsch vom 28. Juni 2009, ihren Alltag zwischen Diskriminierung und eigener Identitätsfindung, die Sexarbeit als Überlebensstrategie und schließlich die zahlreichen Morde an Mitgliedern der Community. Als wichtiger Teil des Widerstands gegen den Putsch ist die LGBT-Bewegung von der repressiven Situation in Honduras besonders betroffen: In der zunehmend militarisierten Gesellschaft werden Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle immer häufiger zu Opfern der Staatsgewalt.

En mis Tacones
Film „En mis Tacones“ (Auf meinen Highheels)


Kannst du uns etwas über deinen Film erzählen? Wovon handelt er?
Der Film En mis Tacones versucht, die Lebensrealität der Transsexuellen in Honduras heute nach dem Staatsstreich zu zeigen. Eine Realität, die es so schon immer gab, die aber mit dem Staatsstreich sehr viel verletzlicher geworden ist. Der Film zeigt das Leben von Menschen aus Tegucigalpa, San Pedro Sula und El Progreso und wie es immer schwerer für sie geworden ist, in Honduras ein normales Leben zu führen, weil sie das sind, was sie sind: Transsexuelle.

Gab es für den Film einen besonderen Anlass?
Ja. Das entscheidende Motiv für diesen Film war die zunehmende Zahl der Hassverbrechen an Transsexuellen nach dem Putsch vom Juni 2009. In den Jahren davor verzeichnete die Statistik ungefähr vier Morde an Transsexuellen im Jahr. Diese Zahl stieg in den ersten sechs Monaten nach dem Staatsstreich deutlich an. Das hat uns in der LGBT-Szene alarmiert und davon überzeugt, dass wir darauf regieren müssen. Der Dokumentarfilm will genau das zeigen: dass die Hassverbrechen gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe zugenommen haben.

Kannst du uns etwas vom Alltag der LGBT-Personen in Honduras erzählen?
Da gibt es große Unterschiede. Es ist wesentlich einfacher, schwul zu sein als transsexuell. Alles hängt davon ab, wie du deine Geschlechtszugehörigkeit darstellst. Eine feminine Transsexuelle hat deutlich mehr Probleme als ein maskuliner Schwuler. Das hängt damit zusammen, dass es in unserer Geschichte schon immer die Ablehnung des Weiblichen durch den Machismus gegeben hat. Deshalb werden Personen, die nicht in die herrschende Norm passen, im Arbeitsleben, im Ausbildungssystem usw. abgelehnt. Die Verwundbarsten innerhalb der LGBT-Bewegung sind deshalb die Transsexuellen. Sie haben in Honduras die größten Probleme in ihrem sozialen Umfeld. Sie haben Probleme in der Schule, eine „normale“ Arbeit zu finden, Orte zu finden, wo sie wohnen können und beim Zugang zur Sozialversicherung. Dies ist so, weil ihr Anderssein so deutlich sichtbar ist, daher die starke Ablehnung. Ich als Schwuler z. B. werde in dem Umfeld, wo ich lebe, lange nicht so abgelehnt wie eine Transsexuelle. Ich kann aber trotzdem nicht in Tegucigalpa Hand in Hand mit einem Mann auf der Straße gehen. Lesben haben da sehr viel mehr Freiheiten. In unserer Kultur gilt es als „normaler“, dass zwei Frauen sich an den Händen halten, als wenn dies zwei Männer tun.

Wie gesagt, es gibt Unterschiede. Das Leben ist nicht einfach, aber ein Schwuler, der einen sicheren Rückhalt hat, wie Freunde und eine gute Ausbildung, kann Räume finden, in denen er bis zu einem gewissen Grad ein normales Leben führen kann. Aber für eine Transsexuelle ist das fast unmöglich. Den meisten von ihnen bleibt keine andere Möglichkeit als die Sexarbeit. Das ist ihre einzige Überlebensmöglichkeit. Hier schlägt ihnen keine Ablehnung entgegen, denn sie leben ja auf der Straße.

Das heißt, auf der Straße werden sie akzeptiert?
Ja, so ungefähr. Es ist seltsam, aber es existiert so etwas wie die Überzeugung, dass die Transsexuellen auf die Straße gehören, was selbstverständlich ein Irrtum ist. Letztendlich ist es in Honduras praktisch unmöglich, eine Transsexuelle zu finden, die in einem Büro arbeitet. Noch viel weniger findet man sie in einer Maquila, in einem Laden oder als Straßenhändlerin in einer Busstation. Einige wenige können als Aktivist_innen arbeiten1 , was sehr schwer ist, oder eben auf der Straße. Aber das Leben dort ist sehr gefährlich. Sie werden in viele konfliktive Situationen hineingezogen. Auf der Straße gibt es Waffen, Drogen und gefährliche Menschen, was sie in den Teufelskreis der Gewalt bringt. Und am Ende stehen die Hassverbrechen. Die Täter bei diesen Verbrechen sind meistens Männer, homophobe Männer. Unter ihnen sind viele Polizisten und Angehörige des Militärs.

Stimmt unser Eindruck, dass die Morde an Transsexuellen mit besonderer Grausamkeit verübt werden?
Das ist richtig.

Kannst du das erklären?
Natürlich. Es geht um Machismus und alles, was dazu gehört: die Misshandlung der Frau, die Gewalt, das Unvermögen, eine einfühlsame Person zu sein, die Unfähigkeit, andere zu verstehen. Das alles führt dazu, dass das Leben dieser Männer völlig von Gewalt dominiert ist. Das sind Dinge, mit denen ich mich in den letzten Jahren intensiv beschäftigt habe. Der Machismus oder besser die Misogynie baut darauf auf, alles abzulehnen, was weiblich ist. Der machistische Mann glaubt, dass jemand, der Mann war und jetzt Frau sein will, sein Privileg, Mann zu sein, angreift. Und das ist etwas Unverzeihliches. Denn wenn du die Männlichkeit zurückweist, greifst du letztendlich seine Kraft, seine Macht an, seine machistische Identität. Wegen dieses Wechsels der Transsexuellen zur Weiblichkeit begehen machistische Männer Verbrechen, die so gewalttätig und grausam sind, weil sie im Moment des Tötens einen unvergleichlichen Hass spüren. Daher geschehen Vergewaltigungen, gibt es Opfer, die von Pfählen durchbohrt worden sind, mit Kopfschüssen exekutiert wurden, denen man die Köpfe abgeschnitten hat, die verbrannt worden sind. Da passieren unglaublich schreckliche Dinge. Schrecklich, wirklich schrecklich. In den Köpfen dieser Leute ..., nein ich weiß nicht, was in ihren Köpfen vorgeht. Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber sie tun diese Dinge.

Und wie werden diese Morde in der Öffentlichkeit dargestellt?
Die Skandalblätter, von denen es in Honduras viele gibt, berichten selbstverständlich darüber, denn dadurch halten sie die Opposition und die Mitglieder der LGBT-Gemeinschaft, die rebellieren könnten, unter Kontrolle. Und das funktioniert auch.

Auch bei dir?
Zumindest habe ich Freunde, die jetzt wesentlich mehr Angst haben, nachdem diese Dinge veröffentlicht wurden. Hier ein Beispiel, wie so etwas funktioniert: In Honduras ist es bei den erwähnten Zeitungen üblich, von der Top-Nachricht des Tages Extraseiten zu erstellen, groß und in Farbe und mit riesigen roten Buchstaben, so wie es hier die Bild-Zeitung macht. Diese Extraseiten plakatieren sie überall in der Stadt. Fast immer geht es dabei um einen Mord. Auf einer der eindrucksvollsten Seiten, die ich gesehen habe, war zu lesen: „Schwuler lebendig verbrannt“. Dazu ein Foto der verbrannten Person, ein völlig verkohlter Leichnam. Das war alles. Und du gehst durch die Stadt und siehst das Plakat dort, dort und dort, immer wieder. Und du gehst und denkst, was ist das für ein schreckliches Land, wo jemand lebendig verbrannt wird, ein Schwuler. Danach wird kein Schwuler es wagen, öffentlich zu sagen, dass er schwul ist, noch viel weniger sich dazu entschließen, engagierter Aktivist zu werden, um sich für die Menschenrechte der LGBT-Bewegung einzusetzen. Und natürlich schafft und fördert so etwas auch den Hass, so dass die Leute sagen: Es ist o. k., dass diese schwulen Säue verbrannt werden, schließlich sind sie ja keine Kinder Gottes, selbst schuld, wenn sie so leben. Solche Äußerungen habe ich selbst gehört.

Wie sieht die Strafverfolgung dieser Morde aus? Werden die Täter verurteilt?
Der Justizapparat in Honduras ist total ineffizient. Eine Struktur, die transparent Verbrechen untersucht, die die Honduraner_innen verteidigen will, so etwas gibt es nicht. Dazu kommt, dass der Tatbestand Feminizid noch nicht einmal in Betracht gezogen wird. Weder den Terminus Feminizid noch den Terminus Hassverbrechen gibt es in der honduranischen Rechtsprechung. Infolgedessen ist es unmöglich zu thematisieren, dass eine Frau, weil sie Frau ist, oder eine Transsexuelle, weil sie Transsexuelle ist, umgebracht werden. Und was man nicht thematisieren kann, kann man auch nicht untersuchen. Von den 54 Fällen aus dem Bereich der LGBT-Bewegung, die ich aus den letzten Jahren kenne, sind nur drei gelöst worden. Ich war selbst bei einem Fall dabei, in dem ein Polizist angeklagt war, der einer Transsexuellen 17 Messerstiche versetzt hatte. Das Opfer hat überlebt. Es hat drei Jahre gedauert, den Mann anzuklagen und zu versuchen, seine Schuld zu beweisen. Letztendlich ist es gelungen, er sitzt jetzt im Gefängnis. Aber um den Fall herum passierten viele merkwürdige Sachen, Zeugen wurden ermordet, Leute waren gezwungen, ins Ausland ins Exil zu gehen, andere, die mit dem Fall zu tun hatten, bekamen Morddrohungen. Schrecklich. Einschließlich der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft für Menschenrechte eine der staatlichen Institutionen ist, die finanziell am schlechtesten gestellt sind.
Demonstration in Tegucigalpa
Demonstration in Tegucigalpa anlässlich des ersten Jahrestages der Ermordung des HIV/AIDS und Widerstandsaktivisten Walter Trochez

Kannst Du uns erklären, warum sich die Situation nach dem Putsch 2009 so entwickelt hat?
Die Rechte bekämpft die sexuelle Vielfalt seit vielen Jahren heftig. In vorderster Linie steht die katholische Kirche mit ihrem Diskurs, dass die Transsexuellen Kinder des Satans seien und in die Hölle kommen werden. Konservative haben groß angelegte Kampagnen geführt, um zu erreichen, dass sich bei den jungen Menschen keine Toleranz gegenüber den „Anderen“ entwickelt. Ein Beispiel dafür ist das Konzert, das der Musiker Ricky Martin vor kurzem in Tegucigalpa geben wollte. Viele religiöse Gruppen opponierten dagegen, weil er in Begleitung seines Ehemannes kommen wollte. Der Widerstand dieser Gruppen war sehr energisch: Wir wollen nicht, dass ein Homosexueller ein Konzert in Honduras macht, denn dadurch wird sich die Homosexualität in Honduras ausbreiten und unsere Jugendlichen, – die natürlich alle heterosexuell sind –, werden Schwule. So etwas glaubt die Rechte in Honduras wirklich. Das Thema machte viel Wirbel, ging durch alle Zeitungen und es gab Kampagnen von Repräsentanten des Staates: Dass er unmöglich einreisen könne, weil das ein „Attentat“ auf das traditionelle Familienbild sei. Solche Kampagnen laufen seit vielen Jahren und haben ihre Wirkung in den Köpfen der Menschen. Ich bin der Meinung, dass sie die Ursache sind für etwas, das man soziale Säuberung nennen muss. Wir haben hier das Beispiel einer perfekt inszenierten staatlichen Strategie, die es genau so in fast allen Staaten gibt: Ein Ideal, wie die Menschen sein sollten, wird propagiert und alles, was davon abweicht, wird absolut zurückgewiesen.Die Ablehnung und der Hass werden über Jahre geschürt und führen zu dem Wunsch nach sozialen Säuberungen, die von verbalen Aggressionen über körperliche Aggressionen und Morddrohungen zu Hassverbrechen gehen. Es existiert eine Linie, die von der Ablehnung zum Hassverbrechen führt. Die Leute sagen sich, ich lehne dies ab und wissen dabei, dass der Staat ihre Ablehnung teilt und ihnen erlaubt, dieses abgelehnte Leben anzugreifen. Sie sagen, wir wollen dies nicht sehen, wir wollen in unserer Stadt keine Transsexuellen auf den Straßen, denn wir befürchten, dass dadurch unsere Kinder zu dem werden, was wir ablehnen. So geht das, es ist perfekt inszeniert und wird von vielen geglaubt.

Gab es nach dem Staatsstreich 2009 neben der deutlichen Zunahme von Gewalt, die ja nicht nur gegen Transsexuelle, sondern auch gegen andere Gruppen der Widerstandsbewegung gegen den Putsch gerichtet ist, auch noch andere Veränderungen für die LGBT-Bewegung in Honduras?
In der Vergangenheit bestand in Honduras eine eigenartige Differenzierung zwischen sozialen und politischen Bewegungen. Viele Jahre lang war die LGBT-Gemeinschaft eine soziale Bewegung, obwohl sie als solche nie anerkannt wurde. Sie war eine besondere, unabhängige Gruppe, die lange Jahre ohne die Anerkennung der anderen sozialen Bewegungen gearbeitet hat, bis es zu dem Staatsstreich kam und sich der Widerstand bildete. Die LGBT-Gemeinschaft integrierte sich daraufhin energisch in die soziale Bewegung. Man könnte dies als einen Erfolg des Staatsstreichs bezeichnen, dass indigene Gruppen, Gruppen mit afrikanischen Vorfahren und Feministinnen akzeptierten, dass die LGBT-Gruppen auch ein wichtiger Teil der verwundbaren Gruppen Honduras sind. In diesem Augenblick der Anerkennung als Teil der sozialen Bewegung überschritten wir auch die Linie zum Politischen und stellten fest, dass es in anderen sehr viel stärker politisierten Bereichen wichtige Interessen zur Unterstützung der LGBT-Bewegung gibt.
Vor dem Staatsstreich richtete sich das Interesse der LBGT-Gemeinschaft darauf, die Anerkennung ihrer Organisationen zu erreichen und in der Zukunft in irgendeiner Form zur gleichgeschlechtlichen Ehe oder etwas ähnlichem zu gelangen. Heute geht es der LBGT-Bewegung in Honduras nicht mehr vor allem darum, heute kämpfen wir darum, am Leben zu bleiben. Die Entwicklung ist traurig: nicht mehr für die Ehe zu kämpfen, sondern sich gegen die eigene Vernichtung stemmen zu müssen. Viele unserer Organisationen sahen sich dazu gezwungen, jetzt politischer zu werden und die anderen Ziele zurück zu stellen.

Wir haben verstanden, dass ihr ein Teil der Widerstandsbewegung gegen den Putsch seid. Wie sieht die Arbeit von LGBT-Personen innerhalb der Resistencia aus?
Zuerst einmal: nicht alle LGBT-Gruppen sind bei der Resistencia dabei, aber ein großer Teil. Unsere Arbeit hat angefangen wie bei allen, wir sind zu den Demonstrationen gegangen, wir waren Teil des allgemeinen Widerstandes. Aber mit der Zeit wurde uns klar, dass demonstrieren allein nicht reicht und wir begannen, uns zu organisieren. Ein Freund und ich gründeten ein Kollektiv mit dem Namen Movimiento de Diversidad en Resistencia. (Bewegung der Verschiedenheit im Widerstand; MDR). Ich bin dort nicht mehr Mitglied, da ich mich inzwischen der Linie der Artistas en Resistencia(Künstler_innen im Widerstand) angenähert habe und bei denen mitmache. Außerdem galt mein persönliches Interesse immer mehr der Basisarbeit. Unabhängige Arbeit ist mir wichtiger als Gremienarbeit. Aber ich weiß, dass das Kollektiv MDR weiterhin sehr gut funktioniert.

Für die Resistencia ist die LGBT-Bewegung wesentlich und umgekehrt gilt dies genauso. Wenn man heute auf eine Versammlung geht, stellt man zwar nicht fest, dass eine völlige Offenheit besteht, denn das Thema des Machismus ist Teil unserer Kultur und kann nicht verschwinden, nur weil man sich der Resistencia anschließt. Aber man kann feststellen, dass viele sich inzwischen Mühe geben, toleranter zu sein. Das bedeutet noch nicht, sich zu respektieren, denn das wäre eine Ebene der Akzeptanz, die sehr viel weiter geht. Allmählich entwickelt sich aber das Bewusstsein, dass man die anderen eigentlich respektieren müsste. Einige Dinge haben sich geändert. Zum Beispiel schrieben früher die Aktivist_innen der Resistencia immer an die Wände „cardenal culero“ (Kardinal, du schwule Sau). Culero ist bei uns ein hässliches Schimpfwort für einen Schwulen. Die Arbeit der LGBT-Bewegung innerhalb der Resistencia war es, zu sagen: Moment mal, dieses Wort verwendet ihr bitte nicht mehr. Denn wir gehören zur Resistencia und demonstrieren mit euch zusammen und dieses Wort stinkt uns. Und viele Gruppen haben kapiert, dass sie das Wort „culero“ nicht mehr gebrauchen dürfen, dass sie wesentlich toleranter sein müssen und dass es die Wertvorstellungen der Resistencia nicht erlauben, über andere zu lachen, weil er/sie so ist, wie er/sie ist. Das ist ein unschätzbarer Gewinn. Denn es sind wirklich viele Menschen, die das lernen. Das heißt, wir haben in zwei Jahren das gelernt, wozu viele Länder sehr viel länger gebraucht haben.

Nochmal zurück zu deinem Film. Welche politischen Hoffnungen verbindest du mit diesem Film?
Den Film habe ich auf jeden Fall nicht gemacht, um reich oder berühmt zu werden. Ich lebe in meinem Städtchen, mache meine Arbeit als Arzt und das war‘s. Meine Absicht mit dem Film war es, den Menschen zu zeigen, dass es auch eine hässliche Realität gibt, in der andere Menschen – ihre Nachbarn – leben, die sie sich nicht vorstellen können. Es gibt in Honduras ein großes Interesse an dem Film und die Reaktionen waren superpositiv. Von sehr vielen weiß ich via Facebook, dass sie den Film gesehen haben. Und wenn die Leute sich den Film ansehen, dann heißt das, dass sie sich für das Thema interessieren. Das ist für uns ein großer Erfolg, dass man einen Film mit solch einer Wirkung mit so wenig Geld machen kann (200 US-Dollar). Das ist sehr motivierend, dass solche unabhängigen Produktionen in so einer Qualität möglich sind.

Wird der Film weiterhin gezeigt?
Jetzt ist es ein Jahr her, dass der Film zum ersten Mal gezeigt wurde. Er wird daher nicht mehr so oft gezeigt wie früher. Die meisten sehen ihn über das Internet auf Youtube oder in Vorführungen innerhalb von Organisationen. Dafür ist der Film auch gemacht worden: Nicht für´s Publikum oder für Festivals, sondern um ihn kostenlos in der LGBT-Bewegung und der Resistencia zu zeigen, im Rahmen der Beschäftigung mit den Menschenrechten am Beispiel der Transsexualität. Das ist mein Beitrag zum Widerstand, und inzwischen kann ich sagen, dass alle Menschen, die mir in Honduras wichtig sind, ihn gesehen haben.

Damit sind wir beim Schluss. Gibt es noch etwas, was dir wichtig ist zu sagen?
Ich weiß nicht. Jedenfalls bin ich voller Hoffnung. Vor dem Staatsstreich war das Leben sehr viel langweiliger. Wie die Mehrheit in Honduras glaube ich, dass der Staatsstreich etwas Schreckliches war, mit den Verbrechen, den politischen Verfolgungen, den Vertreibungen ins Exil. Aber vorher hat meine Generation nicht gelebt. Der Staatsstreich hat uns auch erlaubt, unser Leben zu ändern, uns neu zu orientieren und uns bewusst zu werden, dass wir lebendig sind, dass Honduras lebendig ist.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zara Pfeiffer und Eberhard Albrecht,
 München, 7. November 2011


 1    Fernando Reyes meint hier die ganz wenigen Personen, die in Organisationen, die sich mit dem Thema LGBT beschäftigen, einen bezahlten Job gefunden haben.


http://www.oeku-buero.de/info-blatt-79/articles/wir-kaempfen-darum-leben-zu-erhalten.html

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